Getreide unter Trockenstress
Forscher in Berge setzen Wintergetreidesorten gezielt Hitzestress aus

Die zunehmende Trockenheit in Deutschland spüren auch die Bauern in Brandenburg. Die hiesigen Sandböden speichern ohnehin nur bedingt Wasser. Die landwirtschaftliche Versuchsstation Berge untersucht jetzt ackerbauliche Kulturen bei steigenden Temperaturen und zunehmender Trockenheit unter Brandenburger Standortbedingungen.

Es wird zunehmend heißer in Deutschland und somit auch in Brandenburg. Laut Deutschem Wetterdienst ist es in dem Bundesland seit dem Jahr 1881 etwa 1,3 Grad wärmer geworden. Auch die Wetterstation auf der Versuchsstation Berge im Havelland verzeichnet einen „Temperaturanstieg des Jahresmittelwerts von zirka 2,6 Grad innerhalb der letzten 70 Jahre“, weiß der Leiter der Versuchsstation Dr. Andreas Muskolus zu berichten.

Länger andauernde hohe Temperaturen hinterlassen deutliche Spuren in der Natur. Das bekommen vor allem die Landwirte zu spüren: Ohne Wasser im Boden haben Pflanzen Probleme mit dem Nährstofftransport und der Fotosynthese. Das führt zu sinkenden Erträgen.

Auf über 50 Prozent der Brandenburger Ackerflächen wächst Wintergetreide. Es stellt sich somit die Frage: Wie wirkt sich Hitze- und Trockenstress nachweisbar auf Winterweizen, Winterroggen und Wintergerste aus? Das erforscht seit Juni 2020 die Versuchsstation Berge im Havelland 40 Kilometer westlich von Berlin. Gefördert wird das Projekt von Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK). Angeschoben hat es die Koordinierungsstelle Versuchswesen im Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung e.V. (ILU). Die Idee entstand nach Gesprächen mit dem Bauernverband Brandenburg. Projektträger ist der Verein zur Förderung agrar- und stadtökologischer Projekte e. V. (A.S.P.), der mit seinem Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte (IASP) die Versuchsstation Berge betreibt.

Das Projekt umfasst vor allem zwei Fragestellungen, zum einen: Welche der drei Kulturen ist auf Standorten in Brandenburg an Hitzestress an besten angepasst? Zum Zweiten: Da der Anbau von Zwischenfrüchten zum Standard in der landwirtschaftlichen Praxis gehört, suchen die Wissenschaftler in Berge auch Antworten darauf, wie sich der Anbau verschiedener Zwischenfrüchte auf die Wasserverfügbarkeit für die nachfolgende Hauptfrucht auswirkt.

Gezielter Hitzestress mit Folien

Um die Auswirkungen von hohen Temperaturen auf Getreide zu untersuchen, wollen die Forscher in Berge die drei genannten Wintergetreidesorten gezielt Hitzestress aussetzen. Dafür legten sie im Herbst 2020 auf einer Versuchsfläche in Berge 144 Versuchsparzellen von je 15 Quadratmeter Größe an. Auf diesen Parzellen wurde anschließend Winterweizen, Winterroggen und Wintergerste gesät. Wenn im kommenden Jahr das Getreide wächst, greifen die Forscher zu Hilfsmitteln: Mit Folien, die an heißen Tagen über den Bestand ausgelegt werden, soll die Temperatur während der Blüte und Kornfüllungsphase künstlich weiter erhöht werden. Schließlich sollen Effekte von Hitze und Dürre unter möglichst geplanten und kontrollierten Bedingungen ablaufen. Sensoren messen permanent die Temperaturen unter der Folie auf Höhe der Ähren. Die Daten werden gespeichert und regelmäßig ausgewertet.

Durch gezieltes Bewässern der Fläche wird außerdem untersucht, wie Wasser, beziehungsweise der Mangel daran, die Ertrags- und Qualitätseffekte durch Hitze beeinflusst. Um die Ergebnisse vergleichen zu können, säten die Mitarbeiter der Versuchsstation Berge die drei Getreidearten (in jeweils drei verschiedenen Sorten) ebenso auf eine zweite Fläche. Hier wird der Hitzestress vermieden, indem der Bestand bei hohen Temperaturen tagsüber mit weißem Fließ beschattet wird. Nach der Ernte werden die Erträge und Qualitäten von Korn und Stroh mit den Parzellen ohne Hitzestress verglichen.

Beeinflussen Klee und Ackerbohne den Wasserhaushalt?

Zwischenfrüchte erhöhen die Bodenfruchtbarkeit und den Erosionsschutz. Um nun zu klären, wie Zwischenfrüchte die Wasserverfügbarkeit der Hauptfrucht beeinflussen, bauten die Forscher in Berge zwölf Zwischenfrüchte auf insgesamt 56 Versuchsparzellen von jeweils 30 Quadratmeter Größe an. Im Juli wurden zunächst auf einem Teil der Parzellen sechs Arten Zwischenfrüchte ausgesät (Perserklee, Alexandrinerklee, Körnererbsen, Ackerbohne, Gemenge mit Buchweizen, Gemenge mit Sonnenblumen). Um das übliche landwirtschaftliche Vorgehen abzubilden und für einen praxisnahen Versuch zu sorgen, wurde auf den Parzellen zuvor Winterweizen angebaut. Im September säten die Wissenschaftler auf den restlichen Parzellen sechs weitere Arten Zwischenfrüchte (Ackersenf, Phacelia, Roggen, Buchweizen, Winterwicke, Welsches Weidelgras), die Silomais nachfolgten. Auf der Fläche messen der Leiter der Versuchsstation Dr. Andreas Muskolus und seine Mitarbeiter wöchentlich Luft- und Bodenfeuchte.

Jetzt im Herbst stehen die Zwischenfrüchte dicht an dicht. Einzelne der 30 Quadratmeter großen Parzellen blieben unbearbeitet. So erkennt man auf einer Fläche noch deutlich die Stoppeln des hier zuvor gewachsenen Getreides. „Stoppeln wirken wie Kapillare“, erklärt Dr. Muskolus. Möglicherweise verliert die Fläche dort also etwas mehr Wasser. Ebenso existiert eine Brachfläche. Beide dienen als Vergleich zum bestellten Acker. Doch die Versuche stehen noch ganz am Beginn. Eine Erfahrung aber machte Muskolus bereits jetzt: So zeigen sich teilweise schon große Unterschiede zwischen den Bodenwassergehalten bei verschiedenen Zwischenfrüchten.

Einen ersten Zwischenschritt erreicht das Forscherteam schon im April 2021. Dann werden die Zwischenfrüchte geerntet und der Ertrag anhand der kompletten Pflanze ermittelt. Anschließend wird Silomais gesät. Die Messung der Bodenfeuchte wird derweil fortgesetzt. Anhand der Maiskultur kann dann ab Spätsommer 2021 der Ertragseffekt der Zwischenfrucht auf die Nachfolgekultur ermittelt werden.

Fotoquelle: Koordinierungsstelle forschungsbasiertes Versuchswesen/ILU