Versuchsstellen: Orte des praktischen Forschens

Was ist eine Versuchsstelle?

In Brandenburg liegen unterschiedliche Böden vor. Zudem ändert sich seit vielen Jahren das globale Klima (Klimaerwärmung), was die regionalen Regenmengen und die Anzahl der Trockenphasen zum Teil stark beeinflusst. So war das Jahr 2018 das trockenste in Brandenburg. Deshalb müssen Bauern je nach Umweltbedingung ihre Äcker und ihr Grünland anders bewirtschaften. Will aber eine Bäuerin nach Jahren des Weizenanbaus die Feldfrucht wechseln, ein Bauer die Art und Weise des Pflügens überdenken oder Schädlinge bekämpfen, benötigen beide praktische Erfahrungen. Die eigenen Ideen und Vorstellungen selbst zu testen, kostet Zeit und Geld.

Versuchsstellen unterstützen die Praxis

Deshalb gibt es landwirtschaftliche Versuchsstellen. Sie übernehmen die Aufgabe des Probierens, Forschens und Testens. Dafür verfügen die Stellen nicht nur über Mitarbeiter und praktisches Werkzeug aller Art, sondern auch über Versuchsflächen. Dort bauen die Wissenschaftler beispielsweise neue Sorten an, unternehmen Bewässerungs- und Düngeversuche oder suchen Lösungen, wie Schädlinge effizienter bekämpft werden können.

Die Ergebnisse aus diesen Versuchen werden veröffentlicht beziehungsweise in Informationsveranstaltungen weitergegeben. Beispielweise veranstalten viele Versuchsstellen Feldtage, an denen alle Brancheninteressierten die Versuchsfelder begehen, um die praktischen Ergebnisse vor Ort zu studieren. Durch die Arbeit der Versuchsstellen profitieren somit die Praktiker auf den Ackerflächen und Obstgärten in ganz Brandenburg.

Kurze Vorstellung einiger Versuchsstellen in Brandenburg

ATB-Versuchsstation Marquardt

Das Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB) erprobt auf der Versuchsstation Marquardt auf über 20 Hektar umfassende Möglichkeiten digitaler Anwendungen in Landwirtschaft und Gartenbau. Der Standort ist hochauflösend kartiert und mit Sensorik für spezielle Versuchsfragen ausgestattet. Hier wollen die Wissenschaftler Modelle, Technologien und Anbausysteme für einen umwelt- und ressourcenschonenden Pflanzenbau entwickeln.

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FIB-Versuchsstation Grünewalde

Auf Rekultivierungsflächen des ehemaligen Tagebaus Koyne im Lausitzer Braunkohlenrevier befindet sich die Feldversuchsstation Grünewalde.

Dort untersucht das Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften e.V. (FIB) in knapp 100 Großlysimetern (Bodengefäßsäulen) die Sickerwasserbildung landwirtschaftlicher Kulturen. Diese Daten dienen unter anderem der Wasser- und Stoffhaushaltsmodellierung in Bergbaufolgelandschaften.

Außerdem werden hier schon seit Mitte der 1950er Jahre Anbau- und Sortenversuche durchgeführt, etwa zu Energieholz und anderen nachwachsenden Rohstoffen.

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IASP-Versuchsstation Berge

Im Havelland liegt die Versuchsstation Berge. Sie wird seit dem Jahr 2010 vom Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte an der Humboldt-Universität zu Berlin (IASP) betrieben. Das IASP ist eine gemeinnützige außeruniversitäre Forschungseinrichtung und ein Mitglied der Zuse-Gemeinschaft.

Die Schwerpunkte der Arbeit in Berge liegen in der Analyse und Verbesserung von Bodenfruchtbarkeit, der Erforschung von Pflanzeneigenschaften und der Wirkung von Düngern. Die durchgeführten Versuche beschäftigen sich auch mit landwirtschaftlichen Stoffflüssen und Emissionen.

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IGZ-Versuchsstation Großbeeren

Am Standort Großbeeren forscht zudem das Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) e.V . Untersucht werden dort die Inhaltstoffe, die sich in Gemüse finden lassen, und die Pflanzen-Mikroorganismen-Beziehungen. Zudem wird an zukunftsfähigen Gartenbausystemen in Gewächshäusern sowie im Freiland geforscht. Für Versuche stehen in Großbeeren Klimakammern, Gewächshauskabinen und eine Freilandfläche zur Verfügung.

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LVGA-Versuchsstation Müncheberg

Auf den Versuchsflächen in Müncheberg ist die Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau und Arboristik e.V. (LVGA) mit der Obstbau-Versuchsstation aktiv. Die LVGA führt hier obstbauliche Versuche durch und unterhält einen umfangreichen Sortengarten mit zirka 1.000 unterschiedlichen Apfelsorten, 200 Birnensorten und zahlreichen Süß- und Sauerkirschen.

Die Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau und Arboristik findet sich auch am Standort Großbeeren, südlich von Berlin. Dort tritt die LVGA bundesweit als das einzige berufsständisch organisierte Berufsbildungszentrum der Grünen Branche auf. Jährlich nehmen hier rund 1.500 Fachkräfte an der überbetrieblichen Ausbildung und 1.500 Fach- und Führungskräfte an Fort- und Weiterbildungsangeboten teil.

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ZALF-Versuchsstationen

Zum Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V. gehören drei Versuchsstationen:

Auf der Versuchsstation in Dedelow, 100 Kilometer nördlich von Berlin, lassen sich auf 42 Hektar verschiedene landwirtschaftliche Anbausysteme testen. Zudem betreuen die ZALF-Mitarbeiter technische Messanlagen, wie Lysimeter zur Überwachung des Bodenwasserhaushalts oder automatische Gasmesssysteme, mit denen Klimagase bei unterschiedlicher Landnutzung erfasst werden. Dedelow liegt im ZALF Landschaftslabor „AgroScapeLab Quillow“, in dem zahlreiche Untersuchungen zur Funktionalität von Agrarlandschaften durchgeführt werden.

Der zweite Standort in Paulinenaue liegt ebenfalls nahe Berlin. Hier weiden institutseigene Rinder und Schafe auf 60 Hektar Niedermoor Grünland. Viele Aspekte der Tierhaltung können so untersucht werden, zum Beispiel die Effekte auf die Biodiversität oder den Nährstoffhaushalt des Niedermoorbodens. Erwähnenswert ist die umfangreiche Grundwasserlysimeteranlage, die mit über 100 Lysimetern zu den größten Europas zählt.

Alle klassischen Ackerkulturen können in Müncheberg, der dritten ZALF-Versuchsstation, angebaut werden. Dort stehen insgesamt 60 Hektar zur Verfügung. Mit einer mobilen Beregnungsanlage und Regendächern werden Versuche durchgeführt, um die Auswirkungen der zunehmenden Trockenheit durch den Klimawandel auf die landwirtschaftliche Nutzung leichter Sandstandorte zu untersuchen. Weiterhin besteht seit über 60 Jahren ein Dauerversuch zu den Wirkungen organischer Düngung. Die Techniker unterstützen auch Monitoring- und Messprogramme auf Praxisflächen in der Region um Müncheberg.

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HNEE-Versuchsstation Gut Wilmersorf

Unter dem Dach des „InnoForums Ökolandbau Brandenburg“ betreibt die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) seit dem Jahr 2005 eine Lehr- und Versuchsstation (LFS). Auf den Flächen des Bioland-Betriebs Gut Wilmersdorf bei Angermünde können knapp vier Hektar bewirtschaftet werden. Die LFS dient der angewandten Lehre und Forschung sowie dem Wissenstransfer in den Fachgebieten Ökologischer Acker- und Pflanzenbau, Agrarökologie, Landtechnik, Boden- und Landschaftskunde. Auf den Ackerflächen der Station werden Exakt- und Praxisversuche sowie Demonstrationsvorhaben zur Entwicklung von Anbauverfahren durchgeführt. Im Rahmen des Wissenstransfers bietet die LFS Feldtage und spezielle Lehreinheiten zum Beispiel im Feldversuchswesen, in der Landtechnik und im speziellen Pflanzenbau an. Auf den Versuchsflächen arbeitet die HNEE mit zahlreichen Partnern aus dem InnoForum Ökolandbau Brandenburg zusammen. Hierzu zählt der VERN e.V. aus dem ortsnahen Greiffenberg, der in Wilmersdorf seine Saatgutvermehrung betreibt.

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JKI-Versuchsstation Dahnsdorf

Das Julius Kühn-Institut (JKI) betreibt als Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen Versuchsstationen sowie Versuchsgärtnereien. Die landwirtschaftliche Versuchsstation befindet sich in Dahnsdorf, rund sechzig Kilometer von Kleinmachnow entfernt, im Hohen Fläming. Dort können die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des JKI seit dem Jahr 1995 auf einer Fläche von 38 Hektar an landwirtschaftlichen Themen forschen.

Zum Standort schreibt das JKI auf seiner Webseite: „Der stark sandige Lehmboden weist einen mittleren Gehalt von 58 Prozent Sand, von 37 Prozent Schluff, von 5 Prozent Ton und eine organische Substanz von 1,4 Prozent auf. Der pH-Wert liegt bei 5,8. Mit einer durchschnittlichen Bodenwertzahl von 48 liegt eine mittlere Bodengüte vor.“

Besonders an den Versuchsflächen in Dahnsdorf: Seit Gründung laufen dort mehrere Dauerfeldversuche. Somit können Wissenschaftler seit Jahrzehnten an gleichen Themenfeldern forschen, zum Beispiel wird seit 1998 „Ewiger Roggen“ auf den immer gleichen Flächen angebaut. Dies geschieht auch in Anlehnung an den Namensgeber des Instituts – Julius Kühn hatte im Jahr 1878 einen Roggendauerfeldversuch in Halle an der Saale angelegt. Ein weiteres Dauer-Forschungsthema ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und wie sich deren Einsatz reduzieren lässt, beziehungsweise wie sich eine Reduktion auswirkt. Dazu passt ein weiterer Schwerpunkt in Dahnsdorf, nämlich die Suche nach Strategien für einen umweltverträglichen Pflanzenbau. Geforscht wird auch zu Fragen im ökologischen Landbau, beispielsweise die Regulierung des Kartoffelkäfers und von Rapsschädlingen.

Über die meteorologischen Gegebenheiten auf den Versuchsflächen informiert seit dem Jahr 1998 eine eigene Wetterstation kontinuierliche Daten. Für eine noch bessere Forschung am Standort Dahnsdorf wurden im Jahr 2000 zusätzliche Büros und ein Labor errichtet, sowie Werkstatt- und Maschinenhallen.

In Kleinmachnow stehen darüber hinaus Gewächshäuser für Versuche zur Verfügung. Zudem existiert eine Klimahalle mit mehreren Klimakammern und begehbaren Klimazellen.

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HU-Versuchsstation Thyrow

Das Albrecht Daniel Thaer-Institut an der Humboldt-Universität zu Berlin betreibt am Standort Thyrow, 30 Kilometer südwestlich von Berlin, eigene Versuchsflächen – auch genannt: die Lehr- und Forschungsstation Pflanzenbauwissenschaften. Gegründet wurde die Versuchsstation in Thyrow im Jahr 1936 von dem Agrarwissenschaftler Kurt Opitz, der sich stark mit Themen wie Bodenbearbeitung, Bodenfruchtbarkeit durch Düngung und Wasserhaushalt beschäftigte.

Wie in der Region typisch liegen die Bodenwerte der hier vorherrschenden Braunerde-Fahlerde mit hohen Sandanteilen zwischen 25 und 33. Bemerkenswert sind die Dauerfeldversuche am Standort. Schon seit dem Jahr 1937 untersuchen Wissenschaftler den Einfluss von organischer und mineralischer Düngung auf die Ertragsleistung von Sandböden. So wurde geprüft, wie sich das Unterlassen von Düngung auswirkt, beziehungsweise welche maximalen Erträge mit Düngung möglich sind. Diese Versuche werden bis heute durchgeführt, seit Ende der 90er gibt es aber eine Versuchserweiterung mit Winterroggen in Monokultur sowie unterschiedlichste Fruchtfolgen.

In den 2000ern legten die Berliner auch neue Versuche an, so eine Demonstrationsanlage zu historischen und modernen Ackerbausystemen zu Lehrzwecken, aber auch für die Ertragsforschung. Ebenso laufen aktuelle Projekte zur Bodenverbesserung, Nährstoffrückgewinnung aus Trockentoiletten und Ertragsuntersuchungen bei Getreide.

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Alle Nennungen männlicher Bezeichnungen schließen selbstverständlich die weiblichen mit ein.