In einem Gemeinschaftsprojekt untersucht das Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung e.V. (ILU) ein Granulat auf dessen Fähigkeit Wasser zu speichern. Als Substrat für Stadtbäume soll es zudem Nährstoffe liefern.
GranuGruen-Projekt: Wasser und Nährstoffe für Stadtbäume
Der Klimawandel führt zu einerseits heißeren Sommern und längeren Trockenphasen. Andererseits sorgt er auch für regionalen Starkregen. Vor allem Bäume in der Stadt leiden stark unter beiden Extremen. Eine Aufgabe von Stadtplanern ist es deshalb, große Regenmengen zu speichern – man spricht auch von der Schwammstadt.
Einen Beitrag dazu liefert das Projekt GranuGruen, bei dem das Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung e.V. (ILU) Partner ist. Ein vom Institut für Angewandte Bauforschung Weimar (IAB) entwickeltes Granulat soll Wassermengen speichern und langsam wieder abgeben. Als Substrat hilft das Granulat Stadtbäumen bei der Wasserversorgung. Zusätzlich kann es mit Nährstoffen und nützlichen Bakterien aufgeladen werden. Der zusätzliche Clou: Das Granulat besteht aus Baureststoffen – ist also eine Form des Recyclings.
Vom Betonmehl zum Wasserspeicher – Ein Blick hinter die Kulissen
Entstanden ist das Granulat in einem sogenannten Drehrohrofen bei der IBU-tec advanced materials AG. Das graue, durchschnittlich erdnussgroße Granulat besteht aus Recycling-Betonmehl, Zement als Bindemittel und Hanfschäben beziehungsweise Kokosfasern als Ausbrennstoffe. Die Granulate werden bei 400 Grad Celsius im Drehrohrofen ausgebrannt – die organischen Stoffe verbrennen und hinterlassen Hohlräume. In ihnen wird das Wasser gespeichert. Die Reststoffe Hanf und Kokosfasern stammen von Firmen aus Deutschland.
Granulat-Test: Eine Regenmaschine simuliert Starkregen
Lina Krenz ist Leiterin des Projekts am ILU. Sie prüft das Granulat seit einigen Monaten in Regenversuchen. Dafür konstruierte sie aus Aluminiumschienen ein fast drei Meter hohes Gestell. Ganz oben im Gestell installierte Krenz 16 Wasserdüsen. In vier Reihen tropft aus ihnen in unterschiedlicher Intensität Wasser. „Je höher die Konstruktion, desto höher ist die Tropfengeschwindigkeit“, erklärt Lina Krenz. „Eine sieben Meter hohe Anlage wäre super, aber wir geben uns hier vorerst mit knapp drei Metern zufrieden.“
Am Boden der kleinen Regenmaschine stehen zwei ineinander gestellte Plexiglasbehälter. Im Inneren liegt das Granulat und sandiger Boden. Der zweite Äußere fängt das Wasser auf, das von oben heruntertropft und durch das Granulat und den Boden hindurchsickert. Durch Wiegen der aufgefangenen Wassermenge ermittelt die Umwelttechnikerin wieviel Wasser im Boden gespeichert bleibt und wieviel abfließt.
Die Intensität des Wasserdurchlaufs lässt sich einstellen, wodurch sich mehr oder weniger Regen simulieren lässt. „Wir simulieren hier momentan ein Regenereignis mit 24 Millimetern Niederschlag in einer Stunde. Solch ein Starkregen-Ereignis kann laut Deutschem Wetterdienst regional einmal im Jahr vorkommen“. Ein nachgeschaltetes Lochsieb fängt die Tropfen ab und verteilt sie besser. „So gelingt es uns, die Tropfen zu randomisieren, zusätzlich wird die Tropfengröße beeinflusst“, erklärt Krenz die Idee.
GranuGruen-Granulat Versuche: Wie viel Wasser wird aufgenommen?
Die Versuche wurden bereits mehrfach mit unterschiedlichen Bodenarten sowie mit und ohne Granulat wiederholt. Mit den Regenversuchen sammelt die Wissenschaftlerin Daten, die zeigen, dass das Granulat tatsächlich zusätzlich Wasser speichert und kontrolliert wieder abgibt. „50 Prozent seines eigenen Gewichts kann es an Wasser speichern“, so Krenz.
Allerdings zeigten die Versuche auch, dass das Granulat nur Sinn macht, wenn es zusammen mit Erde eingesetzt wird. So vermutet Krenz, dass die Zwischenräume im Granulat zu groß seien, als dass Pflanzen und Bodenorganismen ausschließlich darauf gut leben könnten. „Außerdem hat das Granulat selbst einen sehr hohen pH-Wert, den die Erde abpuffert.“
In die Box, in die das Wasser tropft, passen vier Kilogramm sandiger Boden oder zwei Kilogramm Granulat. Bei gleichem Volumen speichert der Boden etwas mehr Wasser als das Granulat, was auch mit den großen Zwischenräumen zwischen den Granulatkörnern zusammenhängt. Jedoch die Kombination macht den Unterschied.
Das Granulat liegt dabei auf dem sandigen Boden und speichert eine zusätzliche Menge Wasser und gibt es langsamer wieder ab, als der sandige Boden. Zudem wirkt es positiv gegen die Verschlämmung des Bodens. Doch was ist, wenn der Regen ausbleibt? „Dafür planen wir aktuell an einer Simulation einer Trockenperiode“, weiß Krenz.
Nährstoffe im Granulat: Stickstoff als Dünger und weitere Potentiale
Darüber hinaus arbeitet Lina Krenz daran, die einzelnen Granulatkugeln mit Bakterien und Nährstoffen aufzuladen. Mit Stickstoff hat das bereits geklappt. Nimmt das Granulat den Stickstoff auf – über eine Nährlösung – gibt es ihn wieder an die Pflanze ab. „Das hat einen positiven Effekt, die Düngewirkung ist vergleichbar mit klassischer Düngung“, berichtet Krenz.
Ebenso sollen Bakterien stärkend auf die Pflanze wirken. Derzeit experimentiert Krenz mit zwei Stämmen – Bacillus subtilis und Paenibacillus polymyxa. Getestet wird deren Wirkung an der Ackerschmalwand, einer in der Forschung beliebten Modellpflanze, und Tomate, die für den Gartenbau interessant ist. Das Projekt läuft noch ein paar Monate – bis dahin werden weitere Ergebnisse erwartet.
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