Neues Verfahren – neue Technik
Wie man Kompost unter die Pflugsohle bringt

Was das Forscher-Team der Versuchsstation Berge in Brandenburg tun will, steht seit November 2021 fest. Doch das Wie, also die Technik dazu, musste erst noch ausgetüftelt werden. Denn im vor zwei Jahren gestarteten Projekt DigiRoot geht es darum, Kompost streifenweise in den Acker einzubringen. Dafür zog vergangenes Jahr das Team um Stationsleiter Andreas Muskolus bis zu 60 Zentimeter tiefe Schlitze mit einer Grabenfräse in den Versuchsacker der wissenschaftlichen Einrichtung bei Nauen.

Sinn und Zweck der kompakten Organik im Acker: Sie speichert besser das Wasser und vermindert die Rückverdichtung des Bodens. Die These: Die Wurzeln können dieses Wasser zusätzlich nutzen und durchwurzeln den Unterboden besser. Beides führt zu gesteigertem Wachstum. Der erste Feldversuch stützt diese Idee. Gefördert wird dieses Drei-Jahres-Vorhaben vom Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK).

Tiefenmeißel, Kompost und Schlauch

Dem ersten Versuch auf der Versuchsstation folgte nun im Frühjahr 2023 ein erster Praxistest. Denn ein Arbeitspaket des Projekts befasst sich mit der Einbringungstechnik sowie einem „On-Farm-Versuch“, erklärt Projektleiterin Annika Behler vom Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte an der Humboldt-Universität zu Berlin (IASP), das die Versuchsstation unterhält. „Dafür haben wir eine Technik gebaut, die es noch nicht gab.“

Die Technik besteht aus dem institutseigenen John Deere 6400, der mit einem Tiefenmeißel, einem Behälter für den Kompost sowie einem Zuführschlauch ausgestattet wurde. Erstmals eingesetzt wurde die Konstruktion auf einem Acker des Praxispartners Havellandhof Ribbeck – auf 17,5 Hektar sehr leichtem Sandboden. Auf 2000 Quadratmetern wurde Kompost ausgebracht. „Wir wollten bis zu 60 Zentimeter, aber auf jeden Fall unter die Pflugsohle, die bei rund 25 Zentimeter liegt, Kompost einbringen“, erklärt Muskolus. Dafür stellte der Havellandhof Ribbeck den Tiefenmeißel zur Verfügung. Dessen Schare schraubten die Projektbeteiligten ab, bis auf eines. Ein Werkzeug, den Boden aufzubrechen, war somit gefunden. „Zusätzlich brauchten wir eine Vorrichtung, mit der der Kompost in den Schacht transportiert werden kann“, so Annika Behler. Dafür besorgten sich die IASP-Tüftler einen ehemaligen Salzstreuer, der lange Jahre auf einem Multicar diente. Dass es sich dabei um ein kleines Trägerfahrzeug handelte, ist kein Zufall: Denn der Behälter für den Kompost durfte nicht zu schwer sein, schließlich sitzt er nun auf dem Tiefenmeißel des Instituts-Traktors. Am Grund des Streuers rotiert ein Transportband, das früher Salz und nun den Kompost zu einem Trichter schiebt. Von dort fällt das organische Material in ein flexibles Metallrohr aus einer alten Getreidereinigungsanlage. Es mündet in ein unten offenes Vierkantrohr, das direkt hinter das Schar geschweißt wurde. Der Salzstreuer ist zudem über Gelenke gelagert, um mit dem am Unterlenker eingehängten Tiefenmeißel mitzuschwingen. Denn der Tiefenlockerer wird in die Erde abgesenkt und wieder ausgehoben, wenn er keine Furche ziehen soll. Diese Auf- und Abbewegung muss die gesamte Konstruktion mitmachen. Mit am Unterlenker ist zudem eine Andrückwalze montiert. Alle Montagearbeiten erledigen Versuchsstationsmitarbeiter in einer eigenen kleinen Werkstatt.

Das Grundprinzip der Konstruktion: Das Schar bricht eine Furche in den Boden, der Kompost fällt von oben durch das Rohrsystem hinein, und die Anpresswalze am Unterlenker – wie der Meißel ein altgedientes HE-VA-Gerät – drückt den Boden wieder an. Der Kompost selbst wird mit einem zweiten Schlepper per Frontschaufel in den Salzstreuer gekippt. Mit der Geschwindigkeit des hydraulisch angetriebenen Förderbandes und eines Schiebers lässt sich die Durchflussmenge des Komposts regulieren. Der Stahlbehälter fasst rund einen Kubikmeter des Grünschnittkomposts. „Damit kommt man etwa 100 Meter weit“, erklärt Muskolus. Das ist nicht viel, doch noch geht es nicht um Flächenleistung. Wichtig ist dem Forscherteam klarzustellen, dass die Konstruktion nur etwas für Forschungszwecke und kleine Flächen ist. „Wir wollen die Maschine auch nicht zerstören, sie soll ja rückbaubar sein“, verdeutlicht Andreas Muskolus. Schließlich muss der John Deere 6400 später wieder seinen Dienst auf dem Versuchsfeld leisten. Deshalb sind nur wenige Teile geschweißt, beispielsweise ist der Salzstreuer unter anderem mit Spanngurten gesichert. „Aber es reicht völlig aus, um dabei zu lernen“, weiß Muskolus. Beispielsweise gilt es herauszufinden, wie breit das Rohr am Tiefenmeißel sein muss, damit der Kompost hindurchrieselt, ohne zu verstopfen. Aktuell experimentieren die Forschenden aus Berge mit dem genannten flexiblen Fallrohr mit einem Durchmesser von etwa zehn Zentimetern, das in das etwas breitere Vierkantrohr mündet .“ „Entsprechend breit muss das Schar die Bodenöffnung ziehen“, verweist der Versuchsstationsleiter auf die Energie, die schlussendlich der Schlepper aufwenden muss. Damit aber aus der Technikidee für den ersten Forschungseinsatz, später eine reale landwirtschaftliche Maschine entsteht, wollen die Männer und Frauen aus Berge mit einem Maschinenbauer eine praxistaugliche Technik erst noch entwickeln.

Grundsätzlich funktioniert es

Annika Behler freut sich schon jetzt darüber, „dass es erst einmal funktioniert.“ Grundsätzlich rieselt der Kompost über das Fallrohr hinter das Schar und in die offene Furche. Zwar verbogen sich Teile des Vierkantrohrs, weshalb die Konstruktion verstopfte, so Behler. Auch stören Steine auf dem Acker den Prozess. Während des Feldeinsatzes mussten deshalb Team-Mitglieder zur Zange greifen und kniend das Rohr wieder zurechtbiegen. Viele Konstruktionsfragen hängen zudem mit der „fehlenden Rieselfähigkeit des Komposts“ zusammen, ergänzt Muskolus. „Aktuell braucht es jemanden, der vom Salzstreuer aus nachschiebt.“ Doch solche Erfahrungen werden am Ende, sind sich alle sicher, zu einer passenden Lösung führen.

Noch zu testen ist außerdem, welche Mengen und in welcher Tiefe der Kompost abgelegt werden muss, damit er seine Wirkung unter der Pflugsohle bestmöglich entfalten kann. Die Pflugsohle auf dem Acker zeigt sich als dunkler Boden, darunter liegt heller, kaum durchwurzelter Boden. In diesen helleren Bereich will das Team den Kompost bringen, also in aktuell rund 45 Zentimeter Arbeitstiefe. Der fertig abgelegte Kompoststreifen ist dann etwa fünf bis zehn Zentimeter hoch, „so dass wir eine Verbindung schaffen zwischen dem gut durchwurzelten Oberboden und dem fast gar nicht durchwurzelten Unterboden“, so Andreas Muskolus.

Ebenso ist die Logistik zu planen. Wie zum Beispiel die gebrauchten Kompostmengen schnell aufs Feld zur Maschine gebracht werden können. Zudem müssen gesetzliche Stickstoffbeschränkungen eingehalten werden.

Vier je 75 Zentimeter breite Reihen Kompost brachten die Männer und Frauen der Forschungseinrichtung Berge auf dem Acker des Havellandhofs Ribbeck auf einer Länge von 200 Metern aus. Dann ließen sie vier Reihen frei, um wieder vier Reihen Kompost zu ziehen. „Damit haben wir einen vereinfachten Streifenversuch“, erklärt Muskolus. Der ausbringende John Deere folgt dabei der sichtbaren Spur, die der institutseigene und GPS-geführte Kubota-Schlepper hinterlassen hat. Diese Technik fehlt dem rund 30 Jahre alten Johnny. Anschließend wurde Mais ausgesät und anhand der Pflanzen verglichen: „Wie sieht Qualität und Ertrag aus im Vergleich von Kompoststreifen und unbearbeiteten Flächen“, erklärt Muskolus. Noch stehen diese Werte aus. Erste Auswertungen einer Vergleichsfläche an der Versuchsstation Berge zeigen jedenfalls deutliche Ertragsunterschiede. So liegt der Mittelwert des Mais-Ertrags über den Kompoststreifen bei 175,6 dt/ha Trockenmasse, der Mittelwert des Mais-Ertrags der Kontrollfläche bei 156,3 dt/ha Trockenmasse. Allerdings wurde der Mais teilweise nicht immer exakt über den Kompoststreifen ausgesät. Möglicherweise wäre das Ergebnis sonst deutlicher ausgefallen. Doch das Projekt ist ja noch nicht zu Ende.

Julian Delbrügge (ILU), Text und Bild