Entscheidend ist der richtige Zeitpunkt
Der Hack- und Striegeltag 2023

Der Hack- und Striegeltag entwickelt sich zu einer festen Größe im Feldtags-Geschehen. Die 3. Veranstaltung ihrer Art fand dieses Jahr in Kuhhorst statt, in der Nähe von Ferbellin. Hier wirtschaftet der Ökohof Kuhhorst. Zum dritten Mal hatte Landwirtschaft im Dialog zum Hack- und Striegeltag geladen. Diese Arbeits- und Kreativgemeinschaft bestehend aus Landesbauernverband Brandenburg (LBV) und Koordinierungsstelle am ILU (Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung) will mit dieser Veranstaltung über die mechanische Unkrautregulierung informieren.

In einer leergeräumten Maschinenhalle begrüßte Betriebsleiter Hannes-Peter Dietrich rund 70 Gäste. Zunächst stellte er den Betrieb vor, der seit 1991 ökologisch betrieben wird. Auf 650 Hektar bauen die Kuhhorster mit rund 120 Mitarbeitern Getreide, Kartoffeln (25 Hektar) und Gemüse an. Über 90 der Mitarbeiter sind Menschen mit Behinderung, die in die täglichen Arbeitsabläufe integriert sind. Das Gemüse wird über Biosupermärkte in Berlin vermarktet, wasden größten Umsatz bringt. Eher kleine Einnahmen liefert der Hofladen. „Fast jede Tierart“ ist auf dem Hof vertreten, berichtet Dietrich. Der Betrieb bewirtschaftet einen Milchkuh- und Bullenbestand, 144 Sattelschweine sowie Legehühner in Mobilställen. Für den Tierbestand baut der Betrieb das Futter entsprechend selbst an. Über nichtverkaufte Kartoffeln freuen sich die Schweine, die der Betrieb übrigens selbst schlachten darf. Der Dung aus dem Kuhstall geht zurück auf die Felder, der Hühnermist hilft in der Gärtnerei Zucchini, Kürbis und Rhabarber beim Wachsen.

Fruchtfolge verhindert Unkraut

Und wachsen ist das Stichwort. Auch die Früchte auf dem Acker können nur bei genügend Pflege gedeihen. Die Pflege gegen Unkräuter übernehmen Hacke und Striegel. Hier heißt es richtig planen denn: „Wir fangen als Idealisten an, aber irgendwann müssen die Zahlen passen“, verdeutlichte der Betriebsleiter. Am wichtigsten ist aber der Schritt vor der Mechanik: Die Auswahl der Fruchtfolge unterbindet einen Teil der Verunkrautung bereits im Vorfeld. „Striegeln ist immer nur so gut wie die Gesamtstrategie.“ Da einige der Betriebsflächen auf einem Niedermoorgebiet liegen, sind die Standorte eher feucht und manchmal schlecht zu befahren. „Kommen sie allerdings nicht auf die Flächen, haben sie ein Problem“, weiß Hannes-Peter Dietrich. Denn beim Einsatz von Zinke und Scharen ist der richtige Zeitpunkt entscheidend.

Für erfolgreiches Blindstriegeln sei es für ihn als Betriebsleiter wichtig, auf die Fläche zu gehen. Da zählt der Blick auf die einzelne Pflanze. Ist die Saat schon aufgegangen und der Boden feucht, kann es mit der Begleitflora ebenfalls ganz schnell gehen. „Bei zehn Kräutern pro Quadratmeter im Fähnchenstadium fahre ich mit dem Striegel los, vorher nicht, sonst rege ich Unkräuter an“, erklärt Dietrich sein Vorgehen. Blindstriegeln zeige dann Wirkung, wenn eine längere Trockenperiode anstünde. Ackersenf zum Beispiel sei tief verwurzelt und lasse sich gut verschütten. Bei Regen aber wachse er weiter.

Der Betrieb setzt einen Hatzenbichler-Striegel mit manueller Einstellung ein. Wichtig sei, dass sich der Striegel gut feinjustieren lasse, „da hoffe ich auf die Hersteller“. Abschließend kommt es auf die richtige Geschwindigkeit an. Zu langsames Fahren vermindert konsequentes Verschütten, zu hohes Tempo kann die Kultur mit ausreißen. Die Herausforderung auf dem Acker: „Das Vorgehen kann sich von einer Ecke zur anderen ändern.“

Und es gibt Ausnahmen. „Roggen striegeln wir gar nicht, den walzen wir an.“ Denn Roggen wurzelt lange sehr flach, dessen Wurzeln könnten vom Striegel freigelegt werden.

Hacken mit dem Roboter

Einen Vortrag über die Hack- und Striegel-Versuche der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) hielt Volker Graß, Berater für den Ökologischen Landbau. Besonders spannend: Die LWK verglich autonome mit schleppergezogener Hacktechnik. Insbesondere die ökologisch bewirtschaftete Zuckerrübe lohnt sich zu hacken. Weil Hacken in Handarbeit viel Zeit und Arbeitskräfte kostet, liegt der Einsatz eines Roboters nahe.

Das Versuchsteam setzte einen Farmdroid FD 20 ein, der über vier 1,6 kwh-Solarmodule verfügt, die zwei 400 Watt-Elektromotoren an der Hinterachse mit Strom versorgen. Damit schafft der 900 Kilogramm schwere Feldroboter eine Geschwindigkeit bis 950 Meter pro Stunde. Mit Hilfe von Kamera-Bilderkennung sowie satellitengestützter Informationen über den Verlauf der Pflanzreihen, weiß der Farmdroid, wo die Rübe steht. Mit ausschwenkenden Hackmessern werden die Unkräuter beseitigt – mit bis zu zwei Zentimetern Genauigkeit. So erreicht das System bis zu 20 Hektar Gesamtleistung pro Saison. Kostenpunkt der Technik: Bis zu 80.000 Euro.

Der eingesetzte Schlepper, ein Fendt 516 Vario, bringt stattdessen 6,5 Tonnen auf die Waage, ohne Anbaugerät. Der leichte Farmdroid FD 20 konnte deshalb einen Monat früher auf das Feld geschickt werden, berichtete Graß, ohne Bodenschäden zu hinterlassen. Grundsätzlich benötigt der Roboter einen sehr glatten Acker, um sauber und störungsarm arbeiten zu können. Für Arbeitsunterbrechungen sorgte aber auch die Technik: Beispielsweise verstopften Rübenblätter nach den dritten Hackdurchgang die Werkzeuge und die onlinebasierte Kamera war regelmäßig nicht erreichbar. Dennoch konnten im ersten Jahr die Einsatzstunden verglichen mit Handhackstunden gehalten und sogar reduziert werden. Eine solche Untersuchung zeigt, dass sich die Hack- und Striegeltechnik weiterentwickeln wird, zum Beispiel zu mehr autonomen Maschinen.

Das können Wissenschaftler der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) indirekt bestätigen. Maxie Grüter von der Koordinierungsstelle am ILU stellte Brandenburger Projekte vor, die sich mit dem Thema der Beikrautregulierung befassen. Unter anderem untersuche die HNEE die Leistung eines Hackroboters von Hersteller Zauberzeug, der erfolgreich mit einem Spiralbohrer Unkraut dezimiert. Dass schon die Wahl der angebauten Sorten das Unkrautaufkommen beeinfllusst, zeigten ebenso Feldversuche. Tatsächlich kann zum Beispiel Getreide mit starker Begrannung und horizonteler Blattstellung wegen des größeren Schattenwurfs Beikräuter begrenzen. Auch halten Untersaaten Unkräuter in Schach, können aber auch zur Konkurrenz werden.

Den Abschluss des Vortragteils bildeten Vanessa Paap vom LBV und Laura Rheinfels vom Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB). Beide planen im Rahmen eines Projektes ein Netzwerk von Demonstrationsbetrieben, an dem auch weitere Bundesländer beteiligt sind. Ziel des Projekts ist, Landwirtschaftsbetriebe zusammenzubringen, die „mutig Neues ausprobieren wollen“, sich austauschen und ökonomisch tragfähige Lösungen entwickeln, so Paap. Beispielhaft nannte sie den Anbau von Kulturpflanzen wie Hanf und Leguminosen.

Sechs Gespanne

Beim praktischen Teil der Veranstaltung standen sechs Gespanne bereit. Dabei wurden die Maschinen immer schön der Reihe nach von der Leine gelassen. Nach einer ersten Vorstellung der Technik, folgte der Test auf dem Acker, anschließend hatten die gekommenen Fachleute genug Zeit, das Ergebnis zu begutachten.

Zunächst strömten die Besucher auf den Maisacker. Dort hatte Dietrich erst kurz vorher legen lassen, extra für die Veranstaltung. Entsprechend wurde beim Blindstriegeln so mancher Gänsefuß freigelegt. Anschließend konnte eine Fläche mit Ackerbohne betrachtet werden, zum Schluss Hafer. Beide Kulturen vertragen das Striegeln gut, wobei die Ackerbohne nochmals bearbeitet werde, wenn sie zirka 25 Zentimeter aus dem Boden schaue, so Dietrich. Allerdings wuchsen im Getreide schon einige größere Unkräuter. Der Grund: Nach dem Blindstriegeln hatte sich überraschend ein Regenschauer eingestellt, also genau das, was nicht passieren sollte. „Aber wir haben das Wetter nicht in der Hand“, wie der Betriebsleiter es ausdrückte.

Gezeigt wurden die Striegel Einböck Aerostar-Fusion 600, der ein Gewicht von fünf bis sechs Kilogramm auf die Zinken bringt und mit rund sechs Kilometer pro Stunde über den Acker fuhr. Mit vier km/h zog der Rollstriegel Aerostar Rotation von Einböck seine Bahn. Für ein gutes Ergebnis schätzt das Gerät einen ebenen Acker, dafür ist er „ein guter Krustenbrecher“, so der zuständige Verkaufsberater. Der Striegel Cura 6 ST von Horsch lässt sich über Stützräder und Federn einstellen, wodurch die Zinken eher schleppend oder stechend ausgerichtet werden. Der Präzisions-Zinkenstriegel TS 1520 F von Treffler arbeitet mit einzeln gefederten Zinken mit über ein Stahlseil erzeugter Vorspannung. Damit soll er bei Berg- wie bei Talfahrten den gleichen Druck auf die Erde bringen. Der APV VS 600 M1 zieht ebenfalls Druckfedern durch den Boden, die aber auch ausgehoben werden können, so der Hersteller. Zudem kam die Rollhacke Biostar von GST Denmark zum Einsatz, sowie ein Schmotzer Venterra 2K mit Fingerrädern und integrierter Spritze.

Der 3. Hack- und Striegeltag war gut organisiert und effizient durchgeführt, so dass einzelne Systeme in Ruhe besprochen werden konnten. Die wachsende Zahl der Besucher zeigt, dass das Hacken und Striegeln mehr Bedeutung auf den Höfen gewinnt.

Julian Delbrügge (Koordinierungsstelle am ILU)