Eine Frau kniet in blühendem Leindotter. Hinter ihr sprechen Menschen miteinander und tauschen sich über die in den Parzellen angelegten Kulturen aus. Ein Mann mit Mikrofon erklärt einzelne Besonderheiten. Foto: Julian Delbrügge (ILU)

Parzellentag 2025 in Paaren: Veränderungen anschieben

Welchen Sinn haben Feldtage? Sie zeigen die Praxis in einem begrenzten Rahmen. Dadurch lassen sich viele Beispiele für landwirtschaftliche Techniken, Kulturen und Projekte auf kleinem Raum zeigen. Eine super Möglichkeit für alle Fachleute aus der Landwirtschaft, sich umfassend zu einem Thema zu informieren, plus Praxisnähe. So auch der Parzellentag.

Der Parzellentag von Landwirtschaft im Dialog vereinigt im Grunde mehrere Feldtage zu einem: Gezeigt werden Kulturen – vom klassischen Weizen bis zu Pflanzen für die Nische, ebenso stellen sich Verarbeiter vor sowie aktuelle wissenschaftliche Projekte. Zum Ende der Veranstaltung bieten die Verarbeiter einige ihrer Produkte zum Verkosten an, zudem lässt sich bei einem Abschlussessen prima über eine künftige Zusammenarbeit sprechen.

Auch der diesjährige Parzellentag am 11. Juni 2025 fand auf dem Gelände des Märkischen Ausstellungs- und Freizeitzentrums (MAFZ) in Schönwalde statt. Landwirtschaft im Dialog – eine Kreativ- und Arbeitsgemeinschaft aus Koordinierungsstelle am Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung (ILU) und dem Landesbauernverband Brandenburg (LBV) –  hatte ein spannendes Angebot zusammengestellt, das es so kein zweites Mal gibt.

Auf der linken Seite der Parzellen rauschten Hybrid-Pappeln im Wind, der an diesem Tag teils ordentlich pfiff. Seit drei Jahren besteht eine kleine Agroforstfläche, aufgeteilt in drei Streifen. Neben der Pappel als Holzlieferant für Hackschnitzel wachsen auf einem zweiten Streifen Laubhölzer. Die Vogelkirsche und Türkische Hasel sind als Wertholz gedacht, wie Leon Bessert vom DeFAF erklärte und sollen erst nach vielen Jahrzehnten gefällt werden. Der DeFAF ist ein Verein, der sich für die Förderung und Verbreitung der Agroforstwirtschaft in Deutschland einsetzt. Auf einem dritten Streifen kommen Aroniabeeren und Korallenölweiden dazu, deren Früchte vermarktet werden können, ebenso die der hier gepflanzten Walnuss. Vivian Böllersen, die mit der Walnussmacherei bereits erfolgreich auf Walnüsse und andere Früchte setzt, erklärte: Es sei natürlich schwierig den Baum als Wertholz und gleichzeitig als Fruchtbaum zu nutzen. Der Baum müsse geastet werden, was den Nussertrag zeitlich nach hinten schiebe. Als vierte ertragreiche Baumart entschieden sich die Agroforstler von DeFAF für die Esskastanie.

Faserhanf muss Stickstoff gedüngt werden

Bäume auf dem Acker können Temperaturextreme und Windgeschwindigkeiten abmildern. Zudem können Böden durch den Nährstofftransport der Bäume aufgewertet werden. Für viele arme Böden in Brandenburg von Vorteil, wie auch für den Standort am MAFZ. Angesichts noch wenig entwickelter Kulturen, erklärte Andreas Muskolus, Leiter der Versuchsstation Berge: „Ende März wurden die Kulturen ausgesät, der Mais etwas später. Doch der Standort am MAFZ ist nicht für die Landwirtschaft geeignet“. Denn dort liegen weniger als 20 Bodenpunkte vor, der Standort ist zudem leicht anmorig. Deshalb haben es einige der Kulturen schwer. Doch so wird es eben auch praxisrelevant. Der Hanf – schon Tradition beim Parzellentag – „kommt gut klar“, so Muskolus. Er wurde aber auch Stickstoff-gedüngt, „wichtig, wenn man Faserhanf will“, so Muskolus. Die IASP-Versuchsstation Berge ist für die Aussaat der Kulturen zuständig. Muskolus führt deshalb auch jedes Jahr – mit Maxie Grüter vom ILU – über die Parzellen.

Der Hanf zeigt also, dass er sehr gut nach Brandenburg passt. Wie auch die Rispenhirse. Diese war zwar noch etwas kürzer als der daneben sprießende Sommerweizen; sie wurde später gesät, zudem fiel das Frühjahr kühl aus. „Die Rispenhirse mag es wärmer“, so Robert Köster. Köster arbeitet für den VERN, einem Verein, der sich intensiv für den Erhalt alter landwirtschaftlicher Nutzpflanzen einsetzt. Aber die „Hirse wird ihre Stärken als C4-Pflanze später ausspielen und wächst dann schon mal mehrere Zentimeter am Tag.“ Jens Looke baut seit Jahren Hirse an, derzeit auf zehn Hektar. Das Korn geht ins Hühnerfutter. „Hirse ist bei uns eine Nischenkultur, aber die enthaltene Aminosäure ist für uns als Biobetrieb wichtig“, so Looke, der einen Ökolandbau-Betrieb bewirtschaftet. Tatsächlich sei die Ernte der Hirse im Drusch aufwendig, wie der Landwirt berichtet. „Nachtrocknen ist immer nötig.“ Die Melde sei ein Problem und müsse „rausgepustet“ werden, sonst büßen die Hirsekörner an Qualität ein. Generell sei es wichtig, die Vermarktung von Hirse vor dem Anbau gut zu planen.

Für Hirse und Buchweizen fehlen noch Schälmühlen

Ein Hemmnis: Schälmühlen gebe es wenig, so Robert Köster. Wie die meiste Hirse muss auch Buchweizen geschält werden. Dieses Pseudogetreide kommt gut auf sandigen Böden zurecht. Über den Buchweizen vor Ort sagte Maxie Grüter: „Er sieht jetzt noch klein und zaghaft aus, aber er geht seinen Weg.“ Buchweizen bietet viele Vorteile: Unterdrückt solide Unkraut, verbessert die Bodengare und bietet eine reiche Blüte für Insekten. Zudem gelten die Buchweizennüsschen als sehr nährstoffreich. „Wir bauen derzeit ein Netzwerk auf, um den Buchweizenanbau in Brandenburg zu stärken“, erklärte Martin Almendinger vom ILU, der ein entsprechendes ILU-Projekt namens Buchweizen leitet.

Sorghum legt noch im Oktober zu

Buchweizen wurde lange Zeit in Brandenburg angebaut, von Weizen verdrängt und wird aktuell  als Nische wieder modern. Ebenso eine Nische: Sorghum. Sorghum käme derzeit noch nicht so gut an wie Mais, berichtetet Stefan Lukas vom Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften (FIB). Dabei ist die Pflanze wärmeverträglicher bei einem höheren wärmebedarf – käme also gut mit dem Klimawandel zurecht. Zwar müsse Sorghum länger auf dem Acker stehen, um abzureifen, lege dafür noch im Oktober zu, wenn der Mais längst geerntet sei. So könne Sorghum Erträge von 80 bis 90 Dezitonnen auf trockenen Böden erreichen, so Lukas.

Leider kaum dem Boden entwachsen war der moldawische Drachenkopf, der generell spät – nach den Eisheiligen – gesät werden darf. Landeria, Betreiber einer Ölmühle in Heiligengrabe,  arbeitet mit Vertragsanbauern zusammen, um an ihre Rohstoffe zu kommen. Auf Böden mit 20 bis 30 Bodenpunkten würden bis zu 20 Dezitonnen Ernte eingefahren, so Maxie Grüter, die den Moldawischen Drachenkopf vorstellte. Die einjährige Pflanze wird zu Öl, aber auch zu Tee verarbeitet.

Auf 3000 Hektar ist bereits die Anbaufläche von Leindotter gewachsen, berichtet Landwirt Herbert Miethke, selbst Anbauer dieser Kultur und Koordinator eines Leindotter-Projekts von Farbenhersteller Worlée. Miethke merkte man an, wie sehr er den Leindotter schätzt. „Der Leindotter soll die Welt erobern. Er ist gut für Tier und Mensch.“ Den Einstieg in den Anbau erleichtert eine Tatsache: „Das Saatgut kostet nichts“, da es nicht geschützt sei. Die Pflanze sei anspruchslos, ein sehr guter Unkrautunterdrücker und ein Bienenmagnet. Leindotter eignet sich zudem gut als Stützfrucht wie für die Erbse – dieses Gemenge war ebenfalls in einer Parzelle zu sehen. Wichtig sei, man „muss ihn flach drillen“, zudem „verträgt er Frost, hat ihn aber nicht gerne“. Farbenhersteller Worlée nutzt die alte Kulturpflanze, um daraus in erster Linie Leindotteröl, zum Beispiel als Holzschutz, zu gewinnen.

Die Erdnuss – vielleicht auch bald in Brandenburg

Nicht gesät, tatsächlich gepflanzt war die Erdnuss. Herangezogen wurde diese Leguminose im Klimaschrank bei 25 Grad und 70 Prozent Luftfeuchte, weil wärmebdürftig, stand sie recht gut gewachsen in der Parzelle. Hintergrund ist ein kleines Projekt, das die Versuchsstation Berge mit der Nussmus-Manufaktur Else aus Berlin betreibt.

Besonderheit: Die befruchtete Blüte senkt einen Fruchtstiel zu Boden, wo er sich einbohrt. Hieran wachsen dann unterirdisch die Erdnüsse. Tatsächlich braucht die Pflanze eine Bodentemperatur von mindestens 18 Grad, um zu keimen. Somit ist sie spätfrostempfindlich. Eine weitere Hürde: „Sie wird gerne genommen von allen möglichen Tieren“, wie Kaninchen und Waschbären, so Andreas Muskolus. Im Süden Deutschlands gibt es bereits Anbauer, vielleicht auch bald in Brandenburg.

Erdnüsse stammen unter anderem aus Argentinien, berichtete ein Landwirt, der mit anderen Gästen aus Argentinien das Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB) besuchte und ebenso den Parzellentag nutzte. Das Hauptanbaugebiet läge bei Córdoba, einer Großstadt im Zentrum des Landes. Wichtig sei, so der Landwirt, die Erdnuss auf dem Feld zu Impfen, damit sie die nötigen Knöllchenbakterien bilden kann.

Ebenfalls eine Leguminose, aber schon etwas etablierter: die Kichererbse. Marvin Teschner berichtete über das Anbaugelingen beim Landwirtschaftsbetrieb agt Trebbin. Dort sammelt man seit ein paar Jahren Erfahrungen mit der Kichererbse. Ende April in diesem Jahr wurde die Kichererbse mit einer Maislegemaschine gelegt – 45-Zentimer-Reihenabstand. Später wurde der Bestand dreimal gestriegelt und abschließend mit einem Breitbandherbizid behandelt, um gegen Spätverunkrautung anzugehen. Bis zu zwei Tonnen Ertrag schafft der Betrieb mittlerweile. Bei dem Verkauf des Produktes hilft die Selbstvermarktung.

Die Kichererbse ist in Brandenburg erfolgreich

Nach Ende des Parzellenrundgangs kamen alle Besucher zu einem gemeinsamen Essen zusammen. Währenddessen stellten sich einige der Verarbeiter nochmals vor.

Isabella Krause stellte das Projekt KIWERTa vor. Das Projekt will den Anbau der Kichererbse in Brandenburg stärken. Die beteiligten Akteure sollen Wissen und Erfahrungen austauschen, um so eine stabile Wertschöpfungskette zu knüpfen. Ziel sind langfristige Vernetzungen und  vertrauensvolle Geschäftsbeziehungen.

Aktuell sind „13 Betriebe in dieser engen Boniturgruppe“ plus weitere fünf Betriebe, die wie die übrigen im Anbauring Kichererbse vertreten sind – insgesamt 130 Hektar Kichererbsenanbaufläche. „Es ist ein steigendes Interesse da, trotz Risiko“. Denn das ist vorhanden. Preis, Qualität und Liefersicherheit sind wichtig für den Kunden. Das ist für heimische Kichererbsen oft nicht gegeben. „Wir versuchen, die Kunden zu finden, die sagen, ich mache es trotzdem“, erklärt Krause.

Aber, die Kichererbse könne in den kommenden Jahren besser dastehen als andere Kulturen, stellt die Projektleiterin in Aussicht. Bis dahin „überbrücken wir diese Lernzeit“ mit Partnern, die regionale Wertschöpfung unterstützen wollen. Tatsächlich existiere aktuell mehr Nachfrage als Angebot, weil das Jahr 2024 europaweit ein schlechtes Kichererbsen-Jahr war. Produkte wie Falafel, Mehl, Humus, Nudeln oder Proteinshakes können aus der begehrten Pflanze gefertigt werden.

Nüsse und Öl aus Brandenburg

Vivian Böllersen stellte ihre Walnussmeisterei vor. Im Jahr 2017 gründete sie mit ihrem Mann den Betrieb, der sich in erster Linie auf die Walnuss konzentriert, mittlerweile auch die Haselnuss in den Blick nimmt. Auf 4,5 Hektar Grünland nahe Berlin wachsen mittlerweile 200 Walnussbäume verschiedenster Sorten heran. Die Bäume dienen auch dazu, herauszufinden, welche Sorten am besten nach Brandenburg passen. Zuallererst steht aber die Vermarktung. Bei der Walnussmeisterei bekommt man Walnüsse in allen Formen: als Mus, schokoliert, als „schwarze“ Walnuss, also unreife, im Juni gepflückte Nüsse und der Likör daraus – und natürlich als Nuss.

Das Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften (FIB) wurde von Anne Rademacher vertreten. Das Institut forscht seit langem am Anbau von Lavendel, aber auch anderen Kräutern auf den armen Böden Brandenburgs. Insbesondere haben die Forschenden ehemalige Tagebauflächen im Blick. Rademacher vertritt auch die Netzwerkstelle nachwachsende Rohstoffe für Brandenburg, genannt Neuwerg. Lavendelöl von einem Produzenten aus Sachsen und sogar Safran „auch das funktioniert in Brandenburg“, so Anne Rademacher. Die Wissenschaftlerin stellte auch ein Öl aus dem Moldawischen Drachenkopf vor, das im Jahr 2026 auf den Markt kommen soll. Engagiert ist hier das Unternehmen Landeria, das eine Ölmühle in Blumenthal betreibt und Kräuter für die Ölgewinnung im Vertragsanbau gewinnt.

Risotto aus geschliffenem Roggen

Über das Projekt RoggReis berichtete Diana Kern von Bioland Ost. Das Projekt, an dem auch das ILU beteiligt ist, hat das Ziel, Roggen zu schleifen, um ihn als Reisalternative zu vermarkten.

Der Absatz von Roggenbrot steigt nicht wirklich, der Roggen aber wird in Brandenburg standortbedingt häufig angebaut – auch von Biobauern. „Wir müssen uns einfach was einfallen lassen, damit die Landwirtinnen und Landwirte finanziell vom Roggen leben können.“ Auf die Idee von Landwirten geht nun das Projekt zurück, erklärte Kern. Eine Aufgabe: Produkte entwickeln aus Sorten, „die möglichst hell sind, gute Inhaltsstoffe haben“. Es müssten verschiedene Fragen geklärt werden, zum Beispiel wann, welche Roggensorte ähnliche Kocheigenschaften zeigen wie Reis, also „nicht matschig“ werden.
Risottoreis, Langkornreis, Milchreis sowie glutenfreie Varianten – dann aus Hafer – sind geplant. Was es schon gibt, ist der Risottoreis, allerdings habe der noch nicht die passende Farbe, berichtete Diana Kern.

Zeitgleich bauen die Projektbeteiligten eine Vermarktungsstrategie auf, ein weiterer Schwerpunkt im Vorhaben. „Roggen zu essen, ist nicht üblich, das muss erst gelernt werden.“ Deshalb sind Großküchen in das Projekt eingebunden.

Buchweizen-Brownies hatte Martin Almendinger vom ILU mitgebracht. Almendinger ist Leiter des ILU-Projekts Buchweizen. Ziel ist, den Buchweizenanbau in Brandenburg zu stärken. „Wir haben ein Netzwerk gegründet mit regionalen Landwirten, aber auch Verarbeitern, Vermarktern und Produzenten“, erklärte Almendinger. Zudem seien Imker interessiert, so auch ein Teilnehmer des Parzellentags, der seine Bienen auf Buchweizenfeldern platzieren will.

Tatsächlich sei nicht der Anbau die Herausforderung, sondern die Ernte und Nachbearbeitung. So gebe es zum Beispiel kaum Mühlen, die Buchweizen schälen könnten. Diese strukturelle Engstelle hatte ja bereits Robert Köster vom VERN angesprochen.

Doch genau, um an solcher Stelle Veränderungen anzuschieben, werden Projekte geschaffen. Auch der Parzellentag wird organisiert, um Menschen anzuregen und Strukturen zu unterstützen, die Dinge verändern können. In diesem Sinne – auf zum Parzellentag 2026.

Julian Delbrügge (ILU)

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