Wegweiser für Milchbauern
Leitfaden für die nachhaltige Milcherzeugung vom IFN Schönow
Der Klimawandel verändert und erschwert die landwirtschaftliche Arbeit. Betroffen sind Acker- und Gemüsebau, Obstbau und Tierhaltung. Dabei muss sich die Branche zwei Grundaufgaben stellen: Bauern und Bäuerinnen müssen ihre Betriebe auf Klimaveränderungen wie zunehmende Trockenheit und Hitzetage einstellen, selbst aber ebenso Treibhausgase einsparen. Besonders Milchviehhalter sind angehalten, durch eigenes Handeln die sehr klimawirksamen „Treibhausgase Methan (CH4), Lachgas (N2O) und Kohlenstoffdioxid (CO2) sowie den Luftschadstoff Ammoniak (NH3)“ einzusparen, wie es Wissenschaftler des Instituts für Fortpflanzung landwirtschaftlicher Nutztiere Schönow (IFN) im neuen Leitfaden für Milcherzeugerbetriebe schreiben. Zugleich fordert die Gesellschaft mehr Tierwohl. Wie kann die Milchwirtschaft, die wichtige Grundnahrungsmittel liefert, diese Herausforderungen meistern?
Hinweise dazu gibt der Leitfaden, den das IFN im Auftrag der Koordinierungsstelle am Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung (ILU) erstellte. Ziel war, Milchbauern „etablierte tierzüchterische Methoden“ zu erläutern, um sie bei einer nachhaltigen, umweltgerechten Milcherzeugung zu unterstützen.
Höhere Nutzungsdauer
Neben seiner Aufgabe als Forschungseinrichtung zur Neu- und Weiterentwicklung biotechnischer Verfahren unterstützt das IFN Tierzüchter und Tierzuchtunternehmen bei der Reproduktionssteuerung und modernen Züchtungsstrategien. Grundsätzlich empfiehlt der Leitfaden Rinder- und Milchkuhhaltern, etablierte züchterische Methoden sinnvoll einzusetzen. Denn die Genetik der Tiere hat einigen Einfluss auf eine nachhaltige Milcherzeugung.
Deutlich wird das bei der Nutzungsdauer eines Milchrinds. Ein Tier sollte möglichst lange Milch geben. „Das Gewinnmaximum einer Milchkuh wird bei 7 Jahren Nutzungsdauer erreicht“, schreiben die Autoren. Das führt zu höheren wirtschaftlichen Erträgen pro Kuh und „somit zu einer nachhaltigeren Milchproduktion“. Tatsächlich lebt die durchschnittliche Milchkuh 5,5 Jahre, nur drei Jahre davon als Milchkuh. Die maximale Leistung liegt allerding in der 3. bis 4. Laktation. Der Punkt ist: Eine längere Nutzungsdauer ist genetisch bedingt, also züchterisch beeinflussbar. Tiere mit diesen genetischen Vorteilen zeigen zudem tendenziell weniger gesundheitliche Probleme und höhere Milchleistungen.
Die Gene beeinflussen auch Merkmale wie Fruchtbarkeit und Milchproduktion. Bereits die Wahl der Rasse passend zur lokalen Umgebung wirkt sich auf die Tiergesundheit aus. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang sind neue Zuchtwerte für Bullen der Rassen Holstein, Schwarzbunt und Rotbunt, die Auskunft über Wechselbeziehungen verschiedener Gesundheitsmerkmale geben. „Bei Milchrindern wurden genetische Korrelationen zwischen dem Exterieur (äußere Körpermerkmale) und anderen Merkmalen wie Milchleistung, Fruchtbarkeit und Gesundheit beobachtet“, wie das IFN im Leitfaden schreibt.
Aber auch Merkmale wie Futtereffizienz hängen vom züchterischen Können ab. Wie gut Kühe ihr Futter in Milch umwandeln, hat natürlich auch einen Effekt auf die Emissionen eines Betriebes. Tatsächlich kann züchterisch sogar auf die Methanproduktion eingewirkt werden, einige Forschungsprojekte beschäftigen sich damit. Weil natürlich generell die Futterzusammensetzung hier hineinspielt, nimmt der Leitfaden auch zu diesem Thema Stellung.
Künstliche Besamung
Die Autoren erläutern verschiedene biotechnische Methoden und sprechen sich für den strategischen Einsatz der künstlichen Besamung aus. Dies ermöglicht die „individuelle Anpaarung jeder Kuh mit einem speziell für sie passenden Bullen“, was nachhaltig zu gesunderen Nachkommen führt, zum Beispiel in Bezug zu Euter- und Klauengesundheit.
Ebenso ein Thema: „Genauso können die weniger zur Zucht geeigneten Tiere eines Bestandes mit männlich gesexten Fleischrassebullen (Beef on Dairy) angepaart werden. Die Kreuzungskälber bringen bessere Masteigenschaften im Vergleich zu Milchviehmastkälbern mit. Durch höhere Tageszunahmen, bessere Futterverwertung und reduzierte Tierverluste kann je Tier mehr Fleisch produziert werden, woraus sich neben besseren Fleischqualitäten pro kg-Fleisch ein wesentlich geringerer CO2-Fußabdruck ergibt.“
Neben weiteren Hinweisen zur Haltung und Züchtung der Tiere geht der Leitfaden auf den Einsatz von Sensoren ein. So können Tierhalter die „Gesundheit, das Verhalten und die Leistung ihrer Tiere“ überwachen und managen. Sensoren an oder im Kuhkörper erfassen Daten wie Körpergewicht, Futteraufnahme oder Bewegungsmuster. Das hilft insbesondere in der Rinderhaltung, wo es wichtig ist, „den Gesundheitszustand, die Brunst und bevorstehende Kalbungen frühzeitig zu erkennen, um eine effektive Herdenkontrolle zu gewährleisten.“ Landwirte können so ihre Ressourcen effizienter nutzen und Treibhausgase einsparen.
Fazit: Ein gutes, nachhaltiges Management von Milchkuhbetrieben beginnt bereits bei der Zucht. Die intensive Beschäftigung mit den genetischen Möglichkeiten lohnt und kann in mehr Effizienz und Nachhaltigkeit münden. Der Leitfaden des IFN gibt hierzu viele Hinweise.