Treberfutter

Tierwohl-Treberfutter

Im Jahr 2017 wurden in Deutschland 93 Millionen Hektoliter Bier gebraut, drei Millionen davon in Berlin und Brandenburg. Dabei fielen in Brandenburg zirka 60.000 Tonnen Treber als Nebenprodukt an. Biertreber sind Feststoffe, die nach dem Einweichen und Erhitzen des vorher gemalzten und geschroteten Getreides abgetrennt werden. In diesem Maisch-Prozess bauen Malzenzyme Stärke und Proteine ab. Er gilt als gut verdaulich, eiweiß- und energiereich, enthält im Vergleich zum ursprünglichen Getreideschrot mehr essenzielle Aminosäuren und wird meist frisch, siliert oder getrocknet an Tiere verfüttert. Problematisch ist: Nasse Treber mit einem Wassergehalt von etwa 80 Prozent verderben schnell und müssen rasch verfüttert werden, was den Lieferradius begrenzt. Treber zu trocknen dagegen gilt als mikrobiell nicht unproblematisch. In Groß-Brauereien wird der noch heiße Treber aus den Silos in Lkw gefüllt und sofort mit chemischen Siliermitteln versetzt. Kleinere Brauereien dagegen geben ihre Mengen meist frisch an Bauern aus der Region ab. Wünschenswert wäre, diese Treber haltbarer zu machen und dadurch lagerfähig. Somit könnten mehr Bauern in der Region mit Treber als Futtermittel versorgt werden und die Brauer für dieses neue Produkt zusätzliche Einnahmen erzielen.

Dieses Projekt hatte deswegen kleinere Brauereien im Blick. Dabei strebten die Wissenschaftler ein Verfahren an, das die Lagerfähigkeit und den Geschmack des Trebers optimiert sowie die Bioverfügbarkeit und Funktionalität dessen Nährstoffe verbessert. Das daraus entstandene Produkt sollte das ernährungsphysiologische und gesundheitsstabilisierende Potenzial von unbehandeltem Treber übertreffen und dadurch der natürlichen Ernährung und somit dem Wohl der Tiere dienen. Schlussendlich stützt das ebenso die gesunde Ernährung der Menschen. 

Silieren, vermengen, trocknen

Die Treber-Rohstoff-Matrix, also das Rohmaterial, wurde zunächst durch Fermentation, Zusetzen natürlicher Wirkstoffe, Veränderungen von pH-Werten und Wassergehalt technologisch und funktionell verbessert. Die ILU-Wissenschaftler silierten den Treber mit einem biologischen Siliermittel, das auf Milchsäurebakterien (Lactobacillus plantarum) basiert. 

Nach sieben Tagen war die Silage im Grunde fertig für die anstehende Extrusion. Zuvor wurden aber weitere Rohstoffe hinzugegeben und vermengt. Mit einem Trebergehalt von 30 Prozent ließ sich die Rohstoffmischungen gut mit dem Extruder Link zum Extruder verarbeiten.

Extruder beeinflusst viele Parameter

Die ILU-Wissenschaftler setzten einen institutseigenen Planetwalzen-Extruder PWR 50/M3 des Herstellers Entex ein. Die mechanische Bearbeitung durch Extrusion verbessert Textur, Geschmack der Mischung und beeinflusst inhaltsstoffliche und funktionelle Eigenschaften positiv. Beispielsweise führt die Hitzeeinwirkung des Pressdrucks im Extruder zu Röstaromen. Es lassen sich jedoch weitaus mehr Parameter steuern wie Schnecken- und Matrizengeometrie, Temperaturverlauf und Rohstoff-Dosiergeschwindigkeit. Als Endprodukt entstanden Pellets der geforderten Größe von drei bis vier Millimetern. Bei der Herstellung der Muster fuhren die Forscher mit 60 Grad Celsius eine zudem möglichst niedrige Temperatur, um die Inhaltsstoffe zu schonen. 

Zwei Muster setzten sich durch. Diese bestanden aus 30 Prozent Biertrebersilage, 55 Prozent Weizen und 15 Prozent Rapspresskuchen beziehungsweise Kürbiskernpresskuchen. Die Inhaltstoffe in Bioqualität, davon drei Reststoffe, stammen aus der Region beziehungsweise wären zukünftig regional verfügbar, ein wichtiges Kriterium für regionale Wertschöpfung. Durch Trocknen der Pellets entstand ein stabiles und lagerfähiges Futtermittel. Die Analyse zeigte weitere Qualitäten: Die Futterpellets enthielten die höchste umsetzbare Energie, einen hohen Gehalt an Proteinen und essenziellen Aminosäuren. Zudem erwiesen sie sich als mikrobiologisch (Keime und Pilze) unbedenklich, etwas, das innerhalb von Produktionsketten immer gewährleistet sein muss. 

Die Muster des Treberextrudates wurden als Ergänzungsfutter mit einem Anteil von zehn Prozent des täglichen Futterbedarfs an die Schweine verfüttert. Die Fütterungsversuche wurden von der Aufzuchtsphase bis zur Endmast mit anschließender Schlachtung bei der Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung e.V. Teltow-Ruhlsdorf (LVAT) durchgeführt. Tatsächlich fraßen die vitalen Tiere das Futter sehr gerne, allerdings drifteten die Gewichtszunahmen der einzelnen Tiere sehr auseinander. Zum Ende des Projekts können die Wissenschaftler feststellen, dass eine funktionierende Wertschöpfungskette zur Verwertung von Treber grundsätzlich aufgebaut wurde. Die Nährwerte des entwickelten Schweinefutters sind vergleichbar mit konventionellem Futter und kann als gesundheitserhaltendes Ergänzungsfutter genutzt werden. Der Grund, dass die Tiere nicht ausreichend zunahmen, liegt möglicherweise daran, dass das Futter nicht gänzlich vom Verdauungssystem aufgeschlossen wurde. Hier liegt ein Ansatz für weitere Forschung.

PROJEKTLAUFZEIT:

2018-2020

PROJEKTFÖRDERUNG:

Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg

FÖRDERKENNZEICHEN:

entfällt

PROJEKTLEITUNG:

Tanja Stahn

KOOPERATIONSPARTNER:

Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung e.V. Teltow-Ruhlsdorf (LVAT)