Der Wunsch nach Wolle ist da
Wollworkshop in Berlin stellt die richtigen Fragen
Im Rahmen der Reihe „Activating Circular Networks“ veranstaltete das Exzellenzcluster „Matters of Activity“ am 1. Juni den Workshop „Talking Wool“. Bei „Matters of Activity“ untersuchen über 40 Disziplinen, wie Biologen, Kunstschaffende und Techniker, neue Designstrategien für verschiedenste Materialien – zum Beispiel Wolle. Geladen hatte unter anderem Hanna Wiesener, Produktdesignerin und Wissenschaftlerin, in die Uferhallen in Wedding, Berlin. Ziel des Workshops war, Berliner und Brandenburger Akteure der Wolllieferkette zusammenzubringen, um zu diskutieren, wie Wolle wieder stärker genutzt werden kann. Tatsächlich wird heimische Rohwolle aktuell eher schlecht bezahlt und muss von Schäfern teils entsorgt werden. Neben diesen Vermarktungsproblemen ging es um die Situation der Schäfer, aber auch um die Fasersicherheit des Rohstoffs.
Wollwäsche fehlt
Darüber hinaus suchen Designer, Künstler und Architekten zunehmend Wolle zum Verarbeiten, haben aber kaum Zugang zu Anbietern. Die Organisatoren wollen herausfinden, wie kleine Kooperationen zwischen diesen Verarbeitern, die meist geringe Mengen Wolle benötigen, und Anbietern gelingen können.
Eine Voraussetzung dafür ist eine regionale Wollverarbeitung sowie Wollwaschung. Über den aktuellen Stand dazu informierte Maxie Grüter von der Koordinierungsstelle am Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung (ILU). In ihrem
Vortrag „Wolle – regionale Wertschöpfung durch qualitätsspezifische Verarbeitung“ machte sie deutlich, dass der hochwertige, nachwachsende Rohstoff sich aufgrund fehlender Verarbeitungsstrukturen kaum vermarkten lässt. Eine Wollwäsche zur industriellen Weiterverarbeitung existiert in Deutschland nicht und die Qualität der Wolle variiert stark. Denn viele verschiedene Schafrassen liefern unterschiedliche Wollqualitäten.
Generell ist Wolle vielseitig und eignet sich für Kleidung, Deckeninletts, Dämmstoffe, aber auch als Pflanzmatten oder Dünger im Gartenbau oder als Beimengung für Bio-Kunststoffe. Damit der Rohstoff dafür zunehmend von Schafen aus der Region kommt, liefen zuletzt erste Aktivitäten an: Das Projekt WertWoll vom Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte (IASP) will eine Hygienisierung von Wolle erreichen. Zwei aktuelle Studien untersuchten die Marktpotentiale für Schafschurwolle aus Deutschland beziehungsweise unter welchen Voraussetzungen sich eine regionale Wollwäsche für Brandenburg lohnt. In anderen Bundesländern gibt es weitere Aktivitäten zur Waschung von Wolle.Darüber hinaus laufen mehrere Initiativen zur Verarbeitung auch von ungewaschener Wolle sowie zur Züchtung neuer Schafrassen.
Eines machte der Workshop deutlich. Der Wunsch nach regionaler Wolle bei Verarbeitern und Kunden ist groß. Ausreichend Antrieb also, Wege zu finden, die hiesige Rohwolle wieder in Wert zu setzen.
Bilder: Maxie Grüter (ILU)