Die zweitägige 7. Bioökonomiekonferenz in Anklam stand unter dem Motto „Deutsch-Polnische Bioökonomie NordOst“. Sie brachte Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zusammen. Die von den Bundesländern Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sowie Partnern aus Polen getragene Konferenz brachte Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zusammen, die sich der Bioökonomie widmen.
Die Bioökonomiekonferenz bot nicht nur die Chance internationale Kontakte zu knüpfen und die neuesten Trends und Technologien in den Bereichen Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft kennenzulernen, sondern auch gemeinsam eine nachhaltige Zukunft zu gestalten.
Organisiert wurde die Konferenz in Anklam von der WITENO GmbH (MERGE-Projektteam), der Hochschule Neubrandenburg, der IHK Neubrandenburg, der Universität Greifswald und dem Informations- und Beratungsnetzwerk (IBN).
Video: Bioökonomiekonferenz in Anklam 2025
Bioökonomiekonferenz in Anklam: Grenzen überwinden, Bioökonomie gestalten
Unter dem Motto „Grenzen überwinden – Bioökonomie gestalten: Erfolgreiche Strategien und Chancen für Unternehmen“ fand am 6. November 2025 der erste Tag der 7. Bioökonomiekonferenz in Anklam statt. Ralf Pfoth, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Neubrandenburg für das östliche Mecklenburg-Vorpommern, hieß alle Gäste herzlich willkommen.
Im Anschluss gaben Dr. Sylvia Rahm-Präger, Vorsitzende des Agrarausschusses MV, der Bürgermeister von Anklam Michael Galander und Paweł Szeremet (Marschallamt der Woiwodschaft Westpommern) Impulse von beiden Seiten der Grenze über die Bioökonomie aus verschiedenen Blickwinkeln.
GAP: Förderung nachwachsender Rohstoffe
Dr. Rahm-Präger thematisierte unter anderem die Förderung des Anbaus nachwachsender Rohstoffe – insbesondere Paludikulturen – durch die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) über die zweite Säule (Agrar- Klima- und Umweltmaßnahmen). Es wurde hervorgehoben, dass diese Maßnahmen wichtig für die Ökologie sind, jedoch auch Einkommen für die Landwirte generieren müssen.
Sie betonte: „Das können wir nur, wenn dort etwas angebaut wird, das dann auch abgenommen wird, verarbeitet werden kann und nachgefragt wird. Wir brauchen die zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU, die die Agrarklima- und Umweltmaßnahmen sowie die ländliche Entwicklung unterstützt. Ansonsten können wir Landwirte nicht mehr davon überzeugen, diese Rohstoffe überhaupt anbauen.“
Des Weiteren machte sie auf die Herausforderung der Logistik aufmerksam. Der Transport der nassen Gräser (Rohstoffe) lohne sich wirtschaftlich nicht. Eine Trocknung auf den Anbauflächen könne nicht gewährleistet werden, da die Brutzeiten auf den Schutzflächen berücksichtigt werden müssen.
Dr. Rahm-Präger plädierte dafür, Trocknungsmöglichkeiten zu schaffen, da im Land durch Windmühlen genügend Energie vorhanden sei. Die Rohstoffe bereits in der Vorverarbeitungsstufe zu erhalten, wäre ein wichtiges Ziel.
MERGE-Projekt: Gemeinsam mehr erreichen
Grenzen überschreiten, Innovationen verbinden und die Zukunft gestalten, sind Ziele des Projektes MERGE – Pomerania BioBridge, das Alexander Schwock von der WITENO GmbH in Greifswald dem deutsch-polnischen Publikum vorstellte. Worum geht es genau?
Das deutsch-polnische Innovationsprojekt, das durch das Kooperationsprogramm Interreg VI A Mecklenburg-Vorpommern / Brandenburg / Polska gefördert wird und noch bis Mitte 2028 läuft, fokussiert sich auf die nachhaltige Nutzung von Reststoffen, als eines der Teilbereiche der Bioökonomie sowie auf die Förderung der Kreislaufwirtschaft. Schwock betonte, dass es darum gehe, „unsere Region als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort zu stärken.“ Die bereits vorhandenen Forschungsressourcen sollen wirtschaftlich besser genutzt werden, das sei das große Anliegen. „Die Zusammenarbeit mit den Firmen, mit dem Bund und den Forschungseinrichtungen zu verbessern – und das grenzüberschreitend – ist unser Ziel des Projektes. Es gibt eine Menge Potenzial auf beiden Seiten“, erklärte Schwock.
Projektpartner sind:
- Witeno GmbH
- Uniwersytet Szczecinski
- Steinbeis-Forschungszentrum Technologie-Management Nordost
- Zachodniopomorski Uniwersytet Technologiczny w Szczecinie
- Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung e.V. (ILU)
- Politechnika Koszalińska
- Hochschule Neubrandenburg
Geplante Aktivitäten während der Projektlaufzeit:
- Aufbau mehrerer multilateraler Kontaktstellen: Diese helfen, z.B. bei Problemstellungen oder fehlender eigener Analytik im Unternehmen, den richtigen Kontakt (Einrichtung, Fachexperte) zu finden.
- Projektübergreifende Zusammenarbeit: Es wird mit zahlreichen anderen Projekten im Bereich der Bioökonomie zusammengearbeitet.
- Studie zu Motivation zu F&E Aktivitäten
- Trainingsprogramme für Firmen
- Kommunikation und Information
- 2 Deutsch-polnische Hackathons
- Ideenwettbewerb BioEcoVenture
- Pomerania F&E Connect (Reallabortage)
- 2 Bioökonomiekonferenzen
- Sommerschule
Eine Umfrage wurde erstellt, um den Bedarf der deutschen- und polnischen Akteure zu ermitteln. Hier geht es direkt zur: Umfrage zur Bioökonomie
Zum Projekt MERGE
Bioökonomie in Deutschland und Polen: Best-Practice-Beispiele
Gestärkt ging es nach der Kaffeepause und dem internationalen Networking in den zweiten Teil des Tagesprogrammes der Bioökonomiekonferenz in Anklam über.
Witeno GmbH bietet Infrastruktur für die Bioökonomie
Katharina Mieglich stellte nicht nur die Witeno GmbH, sondern insbesondere das Z4 – Zentrum für Life Science und Plasmatechnologie – vor. Es ist Teil des Zentrums Technologie in Greifswald und baulich an das Biotechnikum (BTG) angegliedert.
Das Zentrum verfügt über eine Mietfläche von 5.500 Quadratmetern, die sich auf fünf Etagen verteilt. Hier können mehr als 50 Labore, darunter auch Gemeinschaftslabore, die direkt genutzt werden können, angemietet werden. Sie sind mit einer modern und mit der Sicherheitsstufe zwei ausgestattet. Ebenso stehen Produktionshallen für Bio- und Plasma sowie 200 Quadratmeter große Konferenzräume zur Verfügung. Das Zentrum ist ideal für Unternehmen, die eine Infrastruktur in der Region benötigen.
Hackathons treiben Innovationen voran
Die Witeno GmbH bietet außerdem sogenannte BioBoosters-Hackathons als Dienstleistung für den Bereich Bioökonomie an. Durch diese Ideenwettbewerbe für Unternehmen und Startups können nicht nur Innovationen vorangetrieben, sondern auch umgesetzt werden. Wie funktioniert das?
Der Hackathon-Prozess läuft drei Monate ab dem Start der sogenannten „Challenge“ – der Herausforderung, die ein Unternehmen stellt. Die erste Phase bis zum initialen Treffen, dem Kick-off, findet komplett online statt. Erst an den Hackathon-Tagen kommt es zu einem persönlichen Treffen beim Herausgeber der Challenge und es geht in die Ideenfindungsphase. Die verschiedenen Teams konkurrieren dann darum, die beste Lösungsidee für die gestellte Challenge zu entwickeln. Am Ende soll dann eine gemeinsame Kooperation mit dem Challenge-Geber herauskommen, die die langfristige Umsetzung der Idee sichert.
Derzeit gibt es bei den BioBoosters-Hackathons drei thematische Schwerpunkte:
• Verwertung von biologischen Nebenströmen,
• Optimierung der nachhaltigen Nutzung von Bioressourcen durch Digitalisierung und intelligente Technologien
• Übergang zu biobasierten Industrien
Video: Hackathon Einblicke
Cosun Beet Company Anklam setzt auf nachhaltige Kreisläufe
Die Zuckerrübe, das Hauptprodukt der Cosun Beet Company GmbH & Co. KG in Anklam, erweist sich als äußerst vielseitig einsetzbarer Rohstoff. Sie liefert nicht nur Zucker, sondern auch Wasser – eine wesentliche Ressource für künftige energetische Prozesse wie die Wasserstoffproduktion.
Zur Herstellung von einem Kilogramm Wasserstoff sind etwa acht Kilogramm Wasser sowie grüner Strom nötig. Das Wasser, das über die Rüben in den Prozess gelangt, ist somit bereits ein wertvolles Element in der Wertschöpfungskette und dieser könne nur am Ende dieser Kette stehen, erklärte Matthias Sauer, Geschäftsführer des Unternehmens.
Grundlage des gesamten Geschäftsmodells ist die enge Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft. Die Cosun Beet Company richtet ihr Handeln darauf aus, den Landwirtschaftsbetrieben, die eigenständig wirtschaften, einen wettbewerbsfähigen und vor allem nachhaltigen Rohstoff – die Zuckerrübe – in der Region zu ermöglichen. Neben der Verarbeitung der Zuckerrübe zu Weißzucker, erzeugt die Anklamer Firma Ethanol und betreibt eine Biomethananlage, verwertet somit die Zuckerrüben-Reststoffe als Pressschnitzel. Ein Teil wird in das Gasnetz eingespeist. Die Konzentration liegt damit auf einer langfristigen und ökonomisch tragfähigen Wertschöpfungskette.
Ein Ergebnis der weiteren Nutzung der Rübe als Rohstoff ist ein das Produkt Fidesse – aus den Gerüstsubstanzen der Zuckerrübe – als eine Zutat für Fleisch und Fleischalternativen und auch für Hybridprodukte. Ein Ziel: Weniger Co2 und gleichzeitig CO2-freundlichere Ernährung.
Was noch alles mit der Zuckerrübe gemacht werden kann? Lesetipp: https://www.brightbeetbook.de/ >>> Über 130 Möglichkeiten der Verwertung von Bestandteilen der Zuckerrüben.
Nachhaltiges Natur-Leder mit Bio2Materials
Das polnische Unternehmen Bio2Materials wandelt landwirtschaftliche und industrielle Nebenprodukte in hochwertige und nachhaltige Materialien um. Prof. Artur Bartkowiak fragte das Publikum: „Würden Sie gerne auf einer Couch sitzen, die aus Schokolode und Walnüssen besteht?“ Damit stellte er NUTICO vor – eine nachhaltige Alternative zu Leder, die vollständig biologisch abbaubar ist, im Gegensatz zu Kunstleder (oft PU oder PVC), und aus Kakao- und Walnussschalen besteht.
Die Hauptbestandteile des Biomaterials NUTICO stammen von regionalen Partnern. So werden Kakaoschalen zum Beispiel aus Stettin, das ein renommiertes Zentrum für die Schokoladenproduktion ist, bezogen. Gemahlene Walnussschalen werden aus der Ukraine importiert. Nach sieben Jahre intensiver Forschung und Entwicklung kam das Natur-Leder 2025 offiziell auf den Markt. Derzeit kann Bio2Materials 70 und 140 Zentimeter breite Rollen produzieren. In der Anwendung wurde das Leder in den Bereichen Schuhe, Bekleidung, Accessoires und Möbel getestet. Diese Tests werden auch auf den Innenausbau einschließlich spezieller flammhemmender Materialien erweitert.
Die Teilnehmenden der Bioökonomiekonferenz in Anklam konnten sich anhand der mitgebrachten Muster einen Eindruck von der Qualität, den unterschiedlichen Texturen und den Farben verschaffen.
Sandra Marquardt von der Koordinierungsstelle am ILU

















