PruCycle

Extrakte aus der Spätblühenden Traubenkirsche gegen Tropenerkrankungen

Die Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina) gilt als invasiver Neophyt. Der aus Nordamerika stammende über 30 Meter hohe Strauch (der sich auch als Baum ausprägen kann) hat eine sehr dichte Belaubung, erträgt selbst viel Schatten und verdrängt dadurch heimische Gräser und Kräuter, aber auch Baumarten. Deshalb behindert die Spätblühende Traubenkirsche auch die Verjüngung des Waldes.

Eine weitere wesentliche Besonderheit: Die Traubenkirsche besitzt in ihren Zellen die chemischen Verbindungen Amygdalin und Prunasin. Bei Beschädigung der Zellen, zum Beispiel durch Wildverbiss, werden diese zu Glucose, Cyanwasserstoff (Blausäure) und Benzaldehyd durch spezielle Enzyme zerlegt. Das führt bei Tieren, die Teile der Spätblühenden Traubenkirsche fressen, insbesondere wegen der Blausäure zu Vergiftungen. Dadurch wird der Strauch im Gegensatz zu anderen Arten nur sehr gering verbissen – ein weiterer Konkurrenzvorteil.

Mit einem Flächenanteil von knapp vier Prozent in der Jungbestockung der deutschen Wälder ist die späte Traubenkirsche laut Bundeswaldinventur aus dem Jahr 2012 die häufigste fremdländische Baumart. Um den Strauch zurückzudrängen ist die mechanische und chemische Bekämpfung die aktuell häufigste Technik. Da dies kostenintensiv ist, streben nun Männer und Frauen aus verschiedenen Forschungsinstituten und Forstbetrieben eine anschließende Wertschöpfung der Biomasse an. Furniertaugliche Stammware dieser Prunus-Art ist zwar möglich, wird hierzulande aber kaum gehandelt. In Nordamerika gilt diese Traubenkirschenart zudem traditionell als Arzneipflanze, zum Beispiel gegen Durchfall- und Atemwegserkrankungen.

Extrakte gegen Tropenkrankheiten
Daraus ergab sich das Projekt „Extrakte aus invasiven Neophyten als Quelle neuartiger Wirkstoffe für die Behandlung armutsassoziierter und vernachlässigter Tropenerkrankungen“, oder kurz PruCycle. Hierbei ist das Ziel des zweiten Teilvorhabens dieses Verbundprojektes die Effekte von Extrakten der Spätblühenden Traubenkirsche hinsichtlich ihres pharmakologischen Potenzials an Erregern armutsassoziierter und vernachlässigter Tropenerkrankungen (neglected tropical diseases = NTDs) zu testen. Die Arbeitsgruppe von Prof. Jude Przyborski der Justus-Liebig-Universität Gießen wird hierzu insbesondere Versuche an Malaria-Kulturen durchführen. Mit ihrem Kooperationspartner LOEWE-Zentrum DRUID (Novel Drug Targets against Poverty-related and Neglected Tropical Infectious Diseases) können die Extrakte zudem an weiteren Humanpathogenen getestet werden.

Zu den Aufgaben des ILU im Teilvorhaben 1 zählen, die durchschnittliche Biomasse der Traubenkirsche für drei Versuchsflächen zu erfassen. Unterstützt wird das ILU hierbei vom Landesbetrieb Forst sowie forstlichen Lohnunternehmern. Desweiteren wird das Institut die Extrakte gewinnen und die chemische Struktur der wesentlichen Wirkkomponenten analysieren. Da bereits andere Prunus-Arten als wirksam gegen beispielsweise malariaerregende Parasiten beschrieben wurden, erhofft sich das Forscher-Team auch von der Spätblühenden Traubenkirsche neuartige Wirkstoffe.

Ziel dieses Projektes ist es, aus der Biomasse der Spätblühenden Traubenkirsche Extrakte zu gewinnen und eine innovative Aufbereitungsmöglichkeit zu entwickeln, um die Strauchart in Deutschland erstmals lohnend zu verwerten. Die Beteiligten erwarten, so künftig neue medizinische Produkte sowie spezielle Feinchemikalien herstellen zu können. Diese zusätzliche Nutzung soll schlussendlich die flächige Beseitigung der Traubenkirsche aus deutschen Forsten finanzieren.

Hier geht es zu den Partnern:

PROJEKTLAUFZEIT:

01.12.2022 bis 30.11.2025

PROJEKTFÖRDERUNG:

Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR)

FÖRDERKENNZEICHEN:

2220NR294

PROJEKTLEITUNG:

Dr. Kathleen Zocher

KOOPERATIONSPARTNER:

Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Jude Przyborski (Professur für Biochemie und Molekularbiologie mit dem Schwerpunkt Ernährung des Menschen) der Justus-Liebig-Universität Gießen, LOEWE-Zentrum DRUID des Institutes für Virologie an der Philipps-Universität Marburg, Landesbetrieb Forst Brandenburg